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Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018 (Baurechtsmodernisierungs-Änderungsgesetz – BauModÄG NRW)

Änderung der Landesbauordnung 2018

 

Art der Vorschrift

Gesetzesentwurf der Landesregierung

Zusammenfassung – darum geht es

„Neben weiteren Anpassungen des nordrhein-westfälischen Bauordnungsrechts an die Musterbauordnung, werden insbesondere Änderungen vorgenommen, um den Mobilfunkausbau (5G) zu beschleunigen. Weitere Änderungen betreffen Rechtsvorschriften, die zu einer weiteren Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren führen sollen. Darüber hinaus werden Vorschriften geändert, um das Schaffen von zusätzlichem Wohnraum über beispielsweise Dachgeschossaus- und aufbauten zu fördern. Um das nachhaltige Bauen zu fördern, werden im Abstandsflächenrecht Erleichterungen für nachträgliche Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung an Bestandsgebäuden geschaffen.“

Stand der Vorschrift

Die Landesbauordnung 2018 ist vom 21. Juli 2018

Ende der Frist für die Anhörung

14.10.2020

E-Mail-Adresse für Stellungnahmen

FP-G61@mhkbg.nrw.de

 

Besondere Inhalte - Paragraphen, die spezielle Vorgaben für Menschen mit Behinderungen oder Patientinnen und Patienten enthalten

•      Hinführung (A Problem)

•      § 6 Abstandsflächen (dazugehörige Begründung S.4 ff.)

•      § 39 Aufzüge (dazugehörige Begründung S.9 ff.)

•      § 49 Barrierefreies Bauen (dazugehörige Begründung S.12 ff.)

•      § 50 Sonderbauten (dazugehörige Begründung S.15 ff.)

•      § 64 Einfaches Baugenehmigungsverfahren (dazugehörige Begründung S.15 ff.)

Hinführung (A Problem)

„Das Gesetz enthält zahlreiche Anpassung des landesgesetzlichen Bauordnungsrechts an die Musterbauordnung: Dies betrifft im Besonderen das Abstandsflächenrecht sowie Änderungen im vorbeugenden Brandschutz. Darüber hinaus wurde die Gewährleistung sozialer Mindeststandards in Bezug auf die Anforderungen an die Barrierefreiheit, insbesondere von Gebäuden mit Wohnungen und öffentlich zugänglichen Bauten, neu gefasst. In dem Zusammenhang sind im weiteren Verlauf in Nordrhein- Westfalen – als letztem Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland – die DINNormen 18040-1 (Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude) und 18040-2 (Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen) unter Berücksichtigung einzelner dort geregelter Sachverhalte durch Verwaltungsvorschrift als Technische Baubestimmungen eingeführt worden, um einheitliche Anforderungen an die Umsetzung der Barrierefreiheit zu gewährleisten.

§ 6 Abstandsflächen

§ 6 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 5 Satz 2 werden nach der Angabe „H,“ die Wörter „in Kerngebieten von 0,25 H, jedoch“ eingefügt.

b) Absatz 7 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 Nummer 1 wird die Angabe „0,25 m“ durch die Wörter „0,30 m, einschließlich der Bekleidung,“ ersetzt.

bb) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Führen Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung nach Satz 1 zu einer größeren Wandhöhe, bleibt dies bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht.“

c) Absatz 8 wird wie folgt gefasst:

„(8) In den Abstandsflächen eines Gebäudes sowie ohne eigene Abstandsflächen sind, auch wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an das Gebäude angebaut werden, zulässig

1. Gebäude bis zu 30 m³ Brutto-Rauminhalt ohne Aufenthaltsräume sowie Garagen

einschließlich Abstellräumen, jeweils mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m, auch wenn sie über einen Zugang zu einem anderen Gebäude verfügen, dies gilt auch für Garagen, die keine selbständigen Gebäude sind,

2. Feuerstätten mit einer Nennleistung bis 28 kW und Wärmepumpen mit entsprechender Leistung in Gebäuden nach Nummer 1,

3. überdachte Tiefgaragenzufahrten,

4. Aufzüge zu Tiefgaragen,

5. gebäudeunabhängige Solaranlagen mit einer Höhe bis zu 3 m sowie

6. Stützmauern und geschlossene Einfriedungen in Gewerbe- und Industriegebieten, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 2 m. Die Gesamtlänge der Bebauung nach Satz 1 Nummern 1 bis 5 darf je Nachbargrenze 9 m und auf einem Grundstück zu allen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten.“

d) In Absatz 9 werden nach dem Wort „Gebäuden“ die Wörter „mit Wohnungen“ gestrichen, das Wort „länger“ wird durch das Wort „breiter“ ersetzt und nach dem Wort „Geschosses“ werden die Wörter „mit Wohnungen“ gestrichen.

e) Dem Absatz 11 wird folgender Satz angefügt: „Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gebäude nach Absatz 8.“

Begründung zu § 6 Abstandsflächen

Mit der Neufassung der nordrhein-westfälischen Bauordnung zum 1. Januar 2019 wurde Absatz 5 weitgehend an die MBO angepasst. Die Tiefe der Abstandsfläche beträgt nach Satz 1 grundsätzlich 0,4 H, mindestens jedoch 3 Meter.

Absatz 5 Satz 2 sieht die Reduzierung der Abstandsflächentiefe für bestimmte Baugebiete vor: In der seit dem 1. Januar 2019 geltenden Landesbauordnung wird die Mindestabstandsflächentiefe für Gewerbe- und Industriegebiete auf die Hälfte der regelmäßigen Mindestabstandsflächentiefe halbiert, nämlich auf 0,2 H, mindestens 3 Meter. Mit der Änderung in Satz 2 soll für sogenannte „Kerngebiete“ festgelegt werden, dass die Mindestabstandsflächentiefe in diesen Gebieten 0,25 H beträgt, mindestens jedoch 3 Meter. Kerngebiete sind in § 7 der Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786) definiert und dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Zulässig sind in diesen Gebieten Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

Absatz 7 regelt die Abstandsflächen im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung. Die derzeitige Regelung sieht vor, dass bei der Bemessung der Abstandsflächen Maßnahmen zum Zwecke der Energieeinsparung und Solaranlagen an bestehenden Gebäuden unabhängig davon, ob diese den Anforderungen der Absätze 2 bis 6 entsprechen, außer Betracht bleiben, wenn sie (1.) eine Stärke von nicht mehr als 0,25 m aufweisen und (2.) mindestens 2,50 m von der Nachbargrenze zurückbleiben. Durch die Änderung in der Nummer 1 von „0,25 m“ auf „0,30 m, einschließlich der Bekleidung“ wird erreicht, dass eine nachträgliche Wärmedämmung auf Außenwänden nicht nur bis 0,25 m, sondern nun bis 0,30 m abstandsflächenrechtlich unbeachtlich bleibt. Dadurch soll eine energetisch sinnvolle, dickere Wärmedämmung im Gebäudebestand bei grenznaher Bebauung ermöglicht werden. Im Wortlaut der Regelung soll zudem klargestellt werden, dass in diesem Maß auch die Bekleidung (zum Beispiel Putz, Klinker, Platten etc.) der Außenwandfassade enthalten ist.

Mit dem Einfügen des neuen Satzes 2 in Absatz 7 wird beispielsweise die nachträgliche Dachdämmung, die bisher im Gesetz nicht bzw. nicht eindeutig geregelt ist, geregelt. Die Ergänzung im Gesetz soll es Gebäudeeigentümerinnen und –eigentümern ermöglichen, die Außenwanddämmung mit einer Aufsparren-Dachdämmung zu kombinieren, was aus energetischer Sicht regelmäßig sinnvoll ist. Bisher erfordert eine solche nachträgliche Dachdämmung jedoch zusätzliche Abstandsflächen, deren Erbringung im Gebäudebestand oft nicht möglich ist. Es soll daher eine Regelung in das Gesetz aufgenommen werden, die eine nachträgliche Dachdämmung, die zu einer größeren Wandhöhe führt und daher eigentlich eine zusätzliche Abstandsfläche erfordern würde, ohne abstandsflächenrechtliche Anforderung zulässt, soweit diese Abstandsfläche auf das Maß von 0,30 m, das abstandsflächenrechtlich unbeachtlich ist, angerechnet wird. Damit würde zum Beispiel eine Dachdämmung, die mit einer Anhebung der Dachhaut von 10 cm verbunden wäre, zu einer Änderung der Schnittlinie der Wand mit der Dachhaut bzw. zu einer Vergrößerung der Wandhöhe nach Absatz 4 Satz 2 führen, die im Regelfall (wenn also die Wandhöhe mit dem Faktor 0,4 zu multiplizieren ist, vgl. § 6 Absatz 5 Satz 1) mit 0,04 m auf die Wandhöhe anzurechnen wäre. Aufgrund des neuen Satzes 2 ist eine Dachdämmung bis 0,30 m abstandsflächenrechtlich unschädlich möglich. Durch das Einfügen des Satzes 2 wird der bisherige Satz 2 zu Satz 3.

Absatz 8 befasst sich mit der Zulässigkeit untergeordneter baulicher Anlagen in den Abstandsflächen und ohne eigene Abstandsflächen. In Absatz 8 soll durch die Änderungen die Regelungsabsicht klargestellt werden. In Absatz 8 Satz 1 Nummer 2 sollen Feuerstätten und Wärmepumpen mit einer Nennleistung bis 28 kW ergänzt werden, die in Gebäuden bis zu 30 m³ Brutto-Rauminhalt ohne Aufenthaltsräume sowie Garagen zulässig sind. Nach § 4 Absatz 1 FeuVO NRW sind allerdings in Garagen nur raumluftunabhängige Feuerstätten zulässig, deren Oberflächentemperatur bei Nennleistung nicht mehr als 300°C beträgt.

Nach der Rechtsprechung des OVG NRW entfällt das Privileg als Grenzgarage, wenn eine Garage Bestandteil des Hauptbaukörpers wird, auch wenn sie die Maße dieser Vorschrift einhält. Beispielsweise verlieren alle Garagen ihr Privileg als Grenzgarage, wenn sie durch das abgeschleppte Dach in den Hauptbaukörper einbezogen werden. Gleiches gilt für moderne Stadthäuser, bei denen die Garagen durch einen gestalterischen Rahmen gemeinsam mit dem Eingangsbereich des Hauses in den Hauptbaukörper einbezogen sind. Mit dem neuen Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 Halbsatz 2 werden solche Gestaltungsvarianten zukünftig zulässig.

Absatz 9 ermöglicht bisher zur Verbesserung der barrierefreien Erreichbarkeit von Wohnungen die Errichtung von Aufzügen bis ins oberste Geschoss an bestehenden Gebäuden. Die Verengung dieser Erleichterung auf Gebäude mit Wohnungen wird aufgegeben, da auch in anderen Gebäuden Bedarfe zur Verbesserung der barrierefreien Erreichbarkeit bestehen und somit gefördert werden. Da Aufzugsschächte, die über die Außenwand hinweg bis ins Dach hineinragen, keine untergeordneten Vorbauten nach Absatz 6 sind, ist es erforderlich, sie neu in einem eigenen Absatz zu regeln. Die Größe des Aufzugsschachtes ermöglicht Aufzüge für die Aufnahme von Rollstühlen. Die nachträgliche Herstellung der Barrierefreiheit von Gebäuden rechtfertigt eine geringere Abstandsfläche zur gegenüberliegenden Grundstücksgrenze. Zum Erreichen des letzten Geschosses mit Wohnungen reicht es bei Wohnungen, die sich über mehrere Geschosse erstrecken, aus, wenn das unterste Geschoss angebunden wird.

Absatz 11 entspricht nach der Begründung zum Gesetzentwurf der BauO NRW 2018 dem § 6 Absatz 15 BauO NRW 2000/2016 (LT-Drs. 17/2166, S. 106). Eine Änderung der Regelung für Gebäude, die ohne Einhaltung von Abstandsflächen oder mit geringeren Tiefen der Abstandsflächen als nach Absatz 5 bestehen, war nach dieser Begründung mit Absatz 11 nicht beabsichtigt. Mit dem Einfügen des neuen Satzes 3 wird klargestellt, dass sich die Zulässigkeitsregelung nach Satz 1 und die Gestattungsregelung nach Satz 2 auf bestehende Gebäude beziehen, jedoch nicht auf abstandsflächenrechtlich privilegierte Garagen und Gebäude nach Absatz 8. Andernfalls könnten zum Beispiel Garagen als Neubau nach Absatz 8 ohne Abstandsfläche an der Nachbargrenze errichtet werden und die Nutzung dieser bestehenden Garage dann auf Grundlage von Absatz 11 in Wohnraum geändert werden.

§ 39 Aufzüge

§ 39 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

a) Nach Satz 1 werden ein Zeilenumbruch und folgender Satz eingefügt:

„Dies gilt nicht, soweit bei bestehenden Gebäuden

1. Wohnraum durch Änderung oder Nutzungsänderung des Dachgeschosses oder durch Errichtung eines oder mehrerer zusätzlicher Geschosse geschaffen wird oder

2. die Herstellung eines Aufzuges infolge der Errichtung eines oder mehrerer zusätzlicher Geschosse oder infolge einer Nutzungsänderung eines Gebäudes nur unter besonderen Schwierigkeiten hergestellt werden kann.“

Begründung zu § 39 Aufzüge

Absatz 4 beinhaltet die Vorschrift, dass in Gebäuden mit mehr als drei oberirdischen Geschossen Aufzüge in ausreichender Anzahl vorhanden sein müssen. Die Anforderungen an die Aufzüge, wie sie in § 39 Absatz 4 enthalten sind, sind seit dem 1. Januar 2019 an die MBO und die Vorschriften in anderen Länder-Bauordnungen angepasst worden.

Der bisherige Absatz 4 Satz 5 sieht eine Ausnahmeregelung für das Schaffen einer ausreichenden Anzahl von Aufzügen für den Fall vor, dass im Rahmen einer Gebäudeaufstockung die Verpflichtung nach § 39 Absatz 4 Satz 1 eintritt; die Neuregelung trägt dazu bei, das Nachverdichtungspotential bei der Schaffung von Wohnraum, insbesondere in den Ballungszentren und Universitätsstädten, zu stärken.

Der nachträgliche Ausbau von Dachgeschossen und die Aufstockung bestehender Gebäude sind effiziente Maßnahmen, um ohne Inanspruchnahme zusätzlicher Grundstücksflächen Wohnraum zu schaffen. Unter Änderung von Dachgeschossen ist dabei der Ausbau, der Umbau oder die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu verstehen. Die Errichtung zusätzlicher Geschosse schließt auch die Aufstockung von Gebäuden um mehrere Geschosse ein.

Nach der bisherigen Regelung ist ein Aufzug erforderlich, wenn die Aufstockung oder Nutzungsänderung eines Gebäudes dazu führt, dass nach Satz 1 ein Aufzug errichtet werden muss; hiervon kann abgesehen werden, wenn ein Aufzug nur unter besonderen Schwierigkeiten hergestellt werden kann.

Der nachträgliche Einbau eines Aufzuges ist bei bestehenden Gebäuden regelmäßig mit großem baulichem und finanziellem Aufwand verbunden. Er kann an unzureichenden baulichen Voraussetzungen scheitern und die Realisierung eines Vorhabens insgesamt in Frage stellen.

Um dem entgegenzuwirken, soll zukünftig die Pflicht zur Herstellung von Aufzügen entfallen, wenn bei bestehenden Gebäuden Wohnraum durch Änderung des Dachgeschosses oder durch Aufstockung um zusätzliche Geschosse geschaffen wird (§ 39 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1). Die Privilegierung gilt auch für bestehende Gebäude mit vorhandenen Aufzügen, die zum Beispiel bei einer Aufstockung nicht höher geführt werden müssen. Ein bisher benötigter Abweichungsantrag mit einzelfallbezogener Begründung, die Ermessensentscheidung der unteren Bauaufsichtsbehörde und die damit verbundene Verwaltungsgebühr entfallen. Dieses gibt den Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfassern Planungssicherheit, entlastet Antragsteller und wirkt beschleunigend auf d

§ 39 Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 nimmt den bisherigen Regelungsinhalt des Satzes 5 auf und soll die Fallkonstellationen berücksichtigen, die von Nummer 1 nicht erfasst werden. In der Folge kann der bisherige Satz 5 entfallen. Die Nummerierung der bisherigen Sätze 2 bis 4 ändert sich in die Sätze 3 bis 5.as Baugenehmigungsverfahren.

§ 49 Barrierefreies Bauen

In § 49 werden die Absätze 1 und 2 wie folgt gefasst:

„(1) Wohnungen in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 bis 5 müssen im erforderlichen Umfang barrierefrei sein. Für die Herstellungspflicht von Aufzügen gilt § 39 Absatz 4.

(2) Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für

1. Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,

2. Sport- und Freizeitstätten,

3. Einrichtungen des Gesundheitswesens,

4. Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,

5. Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten sowie

6. Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.

Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucherinnen und Besucher sowie für Benutzerinnen und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein. Wohngebäude sind nicht öffentlich zugänglich im Sinne dieses Absatzes.“

Begründung zu § 49 Barrierefreies Bauen

In § 49 Absatz 1 wurde mit Inkrafttreten der neuen Landesbauordnung zum 1. Januar 2019 ein Paradigmenwechsel im nordrhein-westfälischen Wohnungsbau eingeleitet:

Bis zum 31. Dezember 2018 wurde in dieser bis dahin geltenden Vorschrift vorgesehen, dass in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein mussten. Seit dem 1. Januar 2019 stellt der neugestaltete § 49 Absatz 1 darauf ab, dass Wohnungen in Gebäuden der Gebäudeklassen 3 bis 5 barrierefrei und eingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein müssen.

Nordrhein-Westfalen war bis 2019 das einzige von 16 Bundesländern, in dem die DIN 18040-2 zur Definition der Barrierefreiheit nicht als Technische Baubestimmung eingeführt worden war; insofern wurde – laut Rückmeldungen aus der Praxis – die Anforderung an „barrierefrei“ bei Neubauvorhaben auf Basis der bis 31. Dezember 2018 gültigen BauO NRW 2000 unterschiedlich zur Umsetzung gebracht worden. Ausschließlich die Bestimmungen in der öffentlichen Wohnraumförderung enthielte bis dato Vorgaben für das barrierefreie Bauen, so dass es zu einem regulatorischen Auseinanderfallen gekommen war.

Mit der Umsetzung der DIN18040-2 als Technische Baubestimmung in Nordrhein- Westfalen gibt es nun erstmals ein gültiges Regelwerk, in dem die Mindestanforderungen an die Barrierefreiheit mit Bezug zum „Wohnen“ enthalten sind. Zugleich wurden mit der Technischen Baubestimmung die allgemeinen Bauanforderungen in Bezug auf die Barrierefreiheit mit denen der bis dahin geltenden Bestimmungen der öffentlichen Wohnraumförderung harmonisiert.

Durch die Verwendung der Begrifflichkeit „barrierefrei und eingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein“ kam es zu zahlreichen Rückfragen aus der Praxis, so dass die Formulierung in Absatz 1 angepasst wird.

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen ist eine Balance sicherzustellen, die auf der einen Seite die Regelungen nicht zu eng definiert, um entsprechend den unterschiedlichen Bedarfen die Entwicklung eines vielfältigen und breiten Angebots an altersgerechten Wohnmöglichkeiten nicht zu erschweren. Auf der anderen Seite gilt es, Mindeststandards zu definieren und transparent zu machen, damit Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Akteure Sicherheit über die Anforderungen an das altersgerechte Wohnen erhalten. Vor allem gilt es, systematisch über die Mindestanforderungen an altersgerechtes Bauen und Wohnen aufzuklären.

Die Zielsetzung des § 49 Absatz 1 bleibt indes unverändert: Der Wohnungsneubau ist dahingehend zu verändern, dass zumindest wesentliche Barrieren vermieden werden. Insbesondere sollten solche Barrieren nicht mehr eingebaut werden, die das selbständige Wohnen im starken Maße behindern und nachträglich mur mit großem Aufwand (auch Eigentümerseitig) beseitigt werden können. Die Barrierefreiheit muss so beschaffen sein, dass ein späterer Umbau an mögliche, weitere und darüberhinausgehende Individualbedarfe grundsätzlich besser als heute möglich sein sollte: Grundlegend ist, dass möglichst flächendeckend und weitgehend kostenneutral Wohnbauten ohne unnötigem Hindernisse erstellt werden; maßgebende Bereiche sollen so gestaltet werden, dass sie bei Bedarf ohne größeren Aufwand an die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden können.

Im Jahr 2018 hat das Statistische Bundesamt im Zusatzprogramm „Wohnen“ des Mikrozensus erstmals bundesweit Daten zu Barrieren beim Zugang zur Wohnung und Barrieren innerhalb der Wohnung erhoben. In der Baualtersklasse der Gebäude bis 1948 wiesen demnach gerade einmal rund 5,4 % der Gebäude alle Merkmale der Barrierereduktion auf, während nur für 1,2 % der Wohnungen in diesen Gebäuden alle Merkmale der abgefragten Barrierereduktion bejaht wurden. In den Baualtersklassen seit 2011 und später sieht das Bild anders aus: Für rund 44 % der Gebäude trafen alle Merkmale der Barrierereduktion zu, der Anteil von Wohnungen mit allen Merkmalen der Barrierereduktion stieg auf 18,1 %. Es wird darauf hingewiesen, dass zu den abgefragten Merkmalen auch solche gehören, die zum sogenannten „R“-Standard (Rollstuhlstandard) gehören.

Um die Anpassung der Wohnungsbestände in Nordrhein-Westfalen zu beschleunigen, fördert die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Rahmen der öffentlichen Wohnraumförderung auch den Abbau von Barrieren beziehungsweise die Herstellung der Barrierefreiheit, sofern das Gebäude dies zulässt. Darüber hinaus wurde zur Schaffung von rollstuhlgerechtem Wohnraum ein Zusatzdarlehen aufgelegt sowie in den mit ausgewählten Städten abgeschlossenen Globalbudgets eine Verständigung über das Schaffen von rollstuhlgerechtem Wohnraum erzielt.

Der neu in § 49 Absatz 1 enthaltene Satz 2 schließt eine Regelungslücke zum § 39.

§ 49 Absatz 2 wird vollständig an die Musterbauordnung angepasst: Satz 1 stellt auf die öffentliche Zugänglichkeit baulicher Anlagen ab, um zu gewährleisten, dass öffentlichen Zwecken dienende Anlagen von allen Menschen barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Die Anforderungen werden auf die dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teile – einschließlich Stellplätze und Garagen – bezogen, da für Arbeitnehmer in diesen Anlagen andere Vorschriften, insbesondere des Schwerbehindertenrechts einschlägig sind.

Soweit bauliche Anlagen insgesamt überwiegend und ausschließlich von Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen genutzt werden, handelt es sich um Sonderbauten, an die nach § 50 Absatz 1 die jeweils insoweit gebotenen Anforderungen gestellt werden können.

Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Arbeitsstätten kommt nicht in Betracht, weil – zum einen - die speziellen Anforderungen an Arbeitsstätten insgesamt nicht im Bauordnungsrecht, sondern im Arbeitsstättenrecht des Bundes geregelt sind, ferner, weil Arbeitnehmer mit Behinderung vorrangig in bestimmten Arbeitsbereichen (insbesondere Bürogebäuden) beschäftigt werden, sodass Anforderungen an alle Gebäude, in denen sich Arbeitsstätten befinden, unverhältnismäßig wären. Darüber hinaus ist bei den Anforderungen an Arbeitsstätten die jeweilige Art der Behinderung (zum Beispiel Sehbehinderung) ausschlaggebend; Arbeitsplätze müssen daher nach Bedarf individuell ausgestaltet werden.

§ 49 Absatz 2 Satz 2 zählt beispielhaft auf, für welche Anlagen und Einrichtungen die Anforderungen des Absatzes 1 gelten. Der Katalog kann kurzgefasst und auf die wichtigsten Anlagen beschränkt werden, da es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.

Nach § 49 Absatz 1 Satz 2 werden die Sätze 3 und 4 angefügt: Satz 3 regelt, dass die Anforderungen an die Barrierefreiheit auf den für die zweckentsprechende Nutzung tatsächlich erforderlichen Umfang beschränkt sein dürfen. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn mehrere gleichartige Räume oder Anlagen, wie Gastplätze in Gaststätten oder Besucherplätze in Versammlungsstätten zur Verfügung stehen.

Satz 4 stellt heraus, dass die Anzahl der barrierefreien Toilettenräume und der barrierefreien notwendigen Stellplätze für Besucher und Benutzer in Abhängigkeit von den insgesamt vorgesehenen Toilettenräumen und notwendigen Stellplätzen bauaufsichtlich geregelt ist.

Mit der Novelle der Bauordnung zum 1. Januar 2019 wurde die Verordnung über bautechnische Prüfungen geändert: Seit dem 1. Januar 2020 ist für neu zu errichtende öffentlich- zugängliche Gebäude gemäß § 49 Absatz 2 der Landesbauordnung für große Sonderbauten – mit Ausnahme von Gebäuden im Zuständigkeitsbereich von Polizei und Justiz - ein sogenanntes „Barrierefrei-Konzept“ zu erstellen (§ 9a BauPrüfVO). Die baulichen Anlagen, die als „große Sonderbauten“ zu qualifizieren sind, sind dem Katalog des § 50 Absatz 2 zu entnehmen. Das Barrierefrei-Konzept ist eine schutz-zielorientierte objektkonkrete Bewertung der baulichen, technischen und organisatorischen Anforderungen der Barrierefreiheit, die für die Prüfung im Genehmigungsverfahren relevant sind. Der Nachweis der Barrierefreiheit muss insbesondere folgende Angaben enthalten: (1.) barrierefreie Erreichbarkeit der baulichen Anlage, barrierefreie Gebäudezugänge, (2.) Ausführung der PKW-Stellplätze und deren Abmessungen, (3.) Flurbreiten, (4.) Türbreiten, Türschwellen, Türanschläge, Türöffnungsmöglichkeiten, (5.) Aufzüge, Fahrtreppen, (6.) Treppen, Hand-läufe, (7.) Rampen einschließlich Neigungen, Gefälle, (8.) Anordnung von Bedienelementen, (9.) barrierefreie Sanitärräume, barrierefreie Anordnung Sanitärobjekte, (10.) Abmessungen der Bewegungsflächen, (11.) Orientierungshilfen sowie (12.) Ausführungen zu § 49 Absatz 3 BauO NRW 2018.

Die Angaben sind in einem schriftlichen Erläuterungsbericht zu formulieren und durch zeichnerische Darstellung der baulichen Anforderungen unter Angabe der technischen Anforderungen zu ergänzen.

§ 50 Sonderbauten

§ 50 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 4 wird wie folgt gefasst: „4. Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen einschließlich ihrer inneren Bauteile eine Fläche von insgesamt mehr als 2 000 m² haben,“

b) Nummer 6 wird wie folgt gefasst:

„6. Versammlungsstätten

a) mit Versammlungsräumen, die einzeln für mehr als 200 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind oder mit mehreren Versammlungsräumen, die insgesamt für mehr als 200

Besucherinnen und Besucher bestimmt sind, wenn diese Versammlungsräume gemeinsame Rettungswege haben,

b) im Freien mit Szenenflächen und Tribünen, die keine fliegenden Bauten sind und deren Besucherbereich für mehr als 1 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt ist, sowie solche Versammlungsstätten im Freien, die für mehr als 5 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind, und

c) Sportstadien und Freisportanlagen mit Tribünen, die keine fliegenden Bauten sind, und die jeweils für insgesamt mehr als 5 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind,“

c) Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 8 eingefügt:

„8. Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn die Nutzungseinheiten

a) einzeln für mehr als sechs Personen oder

b) für Personen mit Intensivpflegebedarf bestimmt sind, oder

c) einen gemeinsamen Rettungsweg haben und für insgesamt mehr als zwölf Personen bestimmt sind,“

d) Die bisherigen Nummern 8 und 9 werden Nummern 9 und 10.

e) Die bisherige Nummer 10 wird die Nummer 11 und wie folgt gefasst:

„11. Tageseinrichtungen für Kinder, Menschen mit Behinderung und alte Menschen, sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen, ausgenommen Tageseinrichtungen einschließlich Tagespflege für nicht mehr als zehn Kinder,“

f) Die bisherigen Nummern 11 bis 14 werden die Nummern 12 bis 15.

g) Die bisherige Nummer 15 wird aufgehoben.

18. § 53 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 wird das Wort „genehmigungsbedürftigen“ durch die Wörter „nicht verfahrensfreien“ ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 2 werden die Wörter „genehmigungsbedürftige Beseitigung von“ durch die Wörter „Beseitigung von nicht verfahrensfreien“ ersetzt.

Begründung zu § 50 Sonderbauten

§ 50 Absatz 2 führt die baulichen Anlagen auf, die als große Sonderbauten gelten und damit dem Baugenehmigungsverfahren nach § 65 unterliegen.

Absatz 2 Nummer 4 soll Verkaufsstätten mit Verkaufsräumen und Ladenstraßen, die einschließlich ihrer inneren Bauteile (inkl. ihrer Außenwände) eine Fläche von insgesamt mehr als 2.000 m² haben, erfassen. Die Ergänzung der Wörter „einschließlich ihrer inneren Bauteile“ – gegenüber der heutigen, geltenden Fassung – dient einer praxisgerechteren Definition. Die Grundflächen der Nutzungseinheiten sind nach § 2 Absatz 3 Satz 3 BauO NRW 2018 die Brutto-Grundflächen. Da die Gefahrenrisiken und die Gefahrentatbestände die Verkaufsstätten von „Standardbauten“ unterscheiden im Wesentlichen von der Brandlast und der Anzahl der Kundinnen und Kunden je m² Grundfläche abhängen, ist es einerseits nicht sinnvoll, die Konstruktions-Grundfläche der aufgehenden Baukonstruktionen des Bauwerks auf die Fläche der Verkaufsräume und Ladenstraßen anzurechnen. Andererseits soll diese Fläche möglichst einfach und schnell berechnet

und geprüft werden können. Daher erscheint es ebenfalls nicht sinnvoll, auf die Netto-Raumfläche der Verkaufsräume und Ladenstraßen abzustellen.

Aus diesen Gründen soll sich der Anwendungsbereich der Nummer 4 nunmehr auf die Fläche der Verkaufsräume und Ladenstraßen – gemessen zwischen den fertigen Oberflächen der äußeren Bauteile der Verkaufsräume und Ladenstraßen einschließlich der Konstruktions-Grundfläche der inneren Bauteile innerhalb dieser Fläche beziehen. Diese Änderung bewirkt zugleich, dass nur noch Verkaufsstätten dem Baugenehmigungsverfahren nach § 65 unterliegen, die zugleich in den Anwendungsbereich des Teils 3 der Sonderbauverordnung fallen.

Absatz 2 Nummer 6 wird neu gefasst und an den Anwendungsbereich des Teils 1 der Sonderbauverordnung angepasst:

Mit Nummer 6 Buchstabe a sollen die Versammlungsstätten mit Versammlungsräumen als große Sonderbauten eingestuft werden, die einzeln für mehr als 200 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind oder mit mehreren Versammlungsräumen, die insgesamt für mehr als 200 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind, wenn diese Versammlungsräume gemeinsame Rettungswege haben. Der Anwendungsbereich stellt – in Bezug auf die Sitzplätze – vorrangig auf die bestimmungsgemäße Nutzung der Versammlungsstätte ab.

Nummer 6 Buchstabe b definiert Versammlungsstätten im Freien mit Szenenflächen und Tribünen, die keine Fliegenden Bauten sind und deren Besucherbereich für mehr als 1 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt ist, sowie solche Versammlungsstätten im Freien, die für mehr als 5 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind, als große Sonderbauten. Damit fallen auch Versammlungsstätten im Freien, die für mehr als 5 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind (aber keine Szeneflächen und Tribünen haben), in den Anwendungsbereich der Vorschriften für große Sonderbauten – auch wenn sie keine Tribünen haben. Damit gilt auch für diese Versammlungsstätten im Freien die Anforderung des § 43 Absatz 2 SBauVO an die Aufstellung eines Sicherheitskonzeptes.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass (1.) es sich bei dem Sicherheitskonzept nicht um einen Bestandteil der Bauvorlagen handelt, sondern um eine Betriebsvorschrift und dass (2.) die Bauaufsichtsbehörden keine Veranstaltungen genehmigen, sondern „nur“ die baulichen Anlagen für Veranstaltungen.

Veranstaltungen im Freien, die nicht durch bauliche Anlagen räumlich begrenzt werden, fallen ebenso wenig in den Anwendungsbereich der Vorschriften für die großen Sonderbauten wie Stadtfeste oder Weihnachtsmärkte, sondern sind wie Letztere anhand eines Sicherheitskonzeptes zur Durchführung der Veranstaltung von den örtlichen Ordnungsbehörden zu beurteilen. Eine Beurteilung durch die Bauaufsichtsbehörde wäre unter dieser Voraussetzung richtigerweise nur noch dann erforderlich und geboten, wenn die Veranstaltung im Freien genehmigungspflichtige bauliche Anlagen umfasst, die dann nicht als Versammlungsstätten, sondern als „ungeregelte“ Sonderbauten im Einzelfall zu beurteilen wären.

Nummer 6 Buchstabe c wird neu in die nordrhein-westfälische Bauordnung aufgenommen. Während die Sonderbauverordnung diesen Regelungsinhalt bereits seit längerem kennt, fehlte bisher diese Verknüpfung in das Bauordnungsrecht. Mit Buchstabe c sollen Sportstadien und Freisportanlagen mit mehr als 5 000 Besucherplätzen als große Sonderbauten eingestuft werden. Sportplätze ohne Besuchertribünen - das trifft für die zahlreichen Sportplätze kleiner Vereine meist zu - fallen daher nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschriften für große Sonderbauten, es sei denn, der Sportplatz wird zum Beispiel auch als Freilichttheater genutzt.

Absatz 2 stuft mit der neuen Nummer 8 Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, dann als große Sonderbauten ein, wenn die Nutzungseinheiten (a.) einzeln für mehr als sechs Personen oder (b.) für Personen mit Intensivpflegebedarf bestimmt sind, oder (c.) einen gemeinsamen Rettungsweg haben und für insgesamt mehr als 12 Personen bestimmt sind. Die Aufnahme der neuen Nummer 8 dient einer weiteren Anpassung an die MBO.

Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung im vorstehenden Sinne, die weniger als die genannten Personen in Buchstabe a bis c aufnehmen, genügen die Anforderungen, die an Wohnungen gestellt werden, auch wenn es sich um einen kleinen Sonderbau handeln sollte.

In der Folge werden die bisherigen Nummern 8 bis 10 und die Nummern 11 bis 14 im Absatz 2 zu den Nummern 9 bis 11 und zu den Nummern 12 bis 15.

Absatz 2 Nummer 11 (bisher: Nummer 10) stuft Tageseinrichtungen für Kinder, Menschen mit Behinderung und alte Menschen, sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen, ausgenommen Tageseinrichtungen einschließlich Tagespflege für nicht mehr als zehn Kinder als große Sonderbauten ein. Die Änderungen dienen zur weiteren Anpassung an die MBO.

Die Nummer 16 (bisher: Nummer 15) im Absatz wird ersatzlos gestrichen. Für Fliegende Bauten gilt insoweit § 78 abschließend.

§ 64 Einfaches Baugenehmigungsverfahren

Bei der Errichtung und Änderung von Anlagen, die keine großen Sonderbauten sind, prüft die Bauaufsichtsbehörde

1. die Übereinstimmung mit

a) den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 des Baugesetzbuchs,

b) den §§ 4, 6, 8, 9, 10, 48 und 49,

c) den Regelungen örtlicher Bauvorschriften (§ 89) und

d) den Brandschutzvorschriften im Falle von Sonderbauten, soweit es sich nicht um Garagen mit einer Nutzfläche über 100 m² bis 1 000 m² handelt,

2. beantragte Abweichungen im Sinne des § 69 sowie

3. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, deren Einhaltung nicht in einem anderen Genehmigungs-, Erlaubnis- oder sonstigen Zulassungsverfahren geprüft wird.

Die Anforderungen des baulichen Arbeitsschutzes werden nicht geprüft. Das einfache Baugenehmigungsverfahren wird auch durchgeführt, wenn durch eine Nutzungsänderung eine Anlage entsteht, die kein großer Sonderbau ist. § 68 bleibt unberührt.“

27. Dem § 65 wird folgender Satz angefügt:

„§ 68 bleibt unberührt.“

28. § 66 wird wie folgt gefasst:

Begründung zu § 64 Einfaches Baugenehmigungsverfahren

§ 64 regelt das einfache Baugenehmigungsverfahren für die Errichtung und Änderung von Anlagen, die keine großen Sonderbauten nach § 50 Absatz 2 sind. Die Vorschrift wird neu gefasst, um eine weitere Angleichung des nordrhein-westfälischen Bauordnungsrecht mit der MBO zu erreichen.

§ 64 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a nimmt den bisherigen Regelungsinhalt aus § 64 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 auf. Der bisherige Regelungsinhalt aus Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 wird in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b überführt: Künftig sollen im einfachen Baugenehmigungsverfahren folgende Bauvorschriften des Landes geprüft werden:

  • § 4 Bebauung der Grundstücke mit Gebäuden,
  • § 6 Abstandsflächen,
  • § 8 Nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke,

Kinderspielplätze,

  • § 9 Gestaltung,
  • § 10 Anlagen der Außenwerbung, Warenautomaten
  • § 48 Stellplätze, Garagen und Fahrradabstellplätze sowie
  • § 49 Barrierefreies Bauen.

§ 64 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c nimmt den bisherigen Regelungsinhalt aus § 64 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und Buchstabe d den Halbsatz 2 aus der bisherigen Nummer 3 auf. Die übrigen Änderungen sind redaktioneller Art. Die bisherigen Sätze 2 und 3 aus dem ursprünglichen Absatz 1 bleiben unverändert bestehen. Mit dem neuen Satz 4 wird klargestellt, dass die Vorschriften über die bautechnischen Nachweise (§ 68) im einfachen Baugenehmigungsverfahren unberührt bleiben.

Bei Sonderbauten bleibt die Bauaufsichtsbehörde zuständig für die Prüfung des Brandschutzes, ausgenommen werden nur die die sogenannten Mittelgaragen.

Der bisherige § 64 Absatz 2 kann entfallen, da die Vorschriften über die jeweiligen Fristen zentral in einer Norm zusammengeführt werden. Dies dient der besseren Nachvollziehbarkeit und reduziert Redundanzen im Gesetz.